Brian Lavallée ist Director of Technology & Solutions Marketing für Paketnetzlösungen von Ciena.

Der kürzlich von der ITU (International Telecommunications Union) veröffentlichte Bericht „Trends in Telecommunication Reform 2016“ bestätigt, dass bei Kapitalinvestitionen in die Glasfaserinfrastruktur zwischen 2014 und 2019 ein gigantisches Volumen von 144,2 Mrd. USD erwartet wird. Einer der Hauptgründe für diese umfangreichen Investitionen in Glasfaserinfrastrukturen sind die 5G-Funkstationen von morgen.

5G-Mobilfunknetze haben weitreichende Auswirkungen – und zwar nicht nur auf den Funkbereich (was nicht weiter überraschend ist), sondern auch auf den Festnetzbereich der globalen Netzinfrastruktur, da per Funk übertragene Bits auch terrestrische Festnetze durchlaufen. In einem anderen Beitrag habe ich die zentralen Leistungsziele1 von 5G zusammengefasst, die hier im Anschluss noch einmal aufgeführt sind. Diese beachtlichen Leistungsziele hängen stark von der Verfügbarkeit zahlreicher Glasfaserverbindungen an den Basisstationen ab.

  • Bis zu 1000-fache Bandbreite pro Einheitenbereich
  • Bis zu 100x mehr verbundene Geräte
  • Verbindungsraten von bis zu 10 Gbit/s für mobile Geräte in der Praxis
  • Als 99,999 Prozent wahrgenommene Netzverfügbarkeit
  • Als 100 Prozent wahrgenommene Netzabdeckung
  • Maximale End-to-End-Roundtrip-Verzögerung (Latenz) von 1 ms
  • Bis zu 90 Prozent weniger Energieverbrauch des Netzes

Bei 2G- und 3G-Mobilfunknetzen wurden traditionell üblicherweise kupferbasierte Time Division Multiplexing(TDM)-Leitungen (beispielsweise mehrere gebündelte T1- oder E1-Leitungen) verwendet, um Basisstationen über das Mobile Backhaul(MBH)-Netz mit einem nahegelegenen Mobile Switching Center zu verbinden. Diese MBH-Architektur hat der Branche zwar jahrzehntelang gute Dienste geleistet, angesichts der Verbreitung von 4G wird aber schnell deutlich, dass sie inzwischen nicht mehr zeitgemäß ist. Aus diesem Grund werden MBH-Systeme auf der ganzen Welt modernisiert. Hierbei wird die veraltete kupferbasierte MBH-Architektur zur Versorgung von Basisstationen durch eine paketbasierte Übertragung per Glasfaser ersetzt, um deutlich höhere Kapazitäten zu erhalten und die Zukunftssicherheit von MBH-Netzen zu gewährleisten. Diese MBH-Glasfaserupgrades werden durch die verstärkte Nutzung der 4G LTE- und LTE-Advanced-Technologie für Mobilfunknetze beschleunigt, wovon angesichts der nahezu unbegrenzten Bandbreite glasfaserbasierter Netze auch zukünftige 5G-Netze profitieren werden. Informationen zu möglichen Optionen für die zukünftige Entwicklung finden Sie in unserem Essentials Series-Leitfaden: Mobile Backhaul.

Zur Verbesserung der Abdeckung, Kapazität und allgemein der Benutzererfahrung (Quality of Experience, QoE) für mobile Benutzer setzen Mobilfunkbetreiber (Mobile Network Operators, MNOs) auf kleine Zellen, um Funkeinheiten strategisch näher beim Benutzer zu platzieren. Bei kleinen Zellen kann das Backhaul über Kupferleitungen (xDSL, HFC-basierte Kabelmodems…), per Funk (Mikrowellen, Millimeterwellen…) oder per Glasfaser (Ethernet, PON…) erfolgen. Alle drei Medienoptionen werden heute in unterschiedlicher Ausprägung verwendet. Die Wahl der Technologie hängt von wirtschaftlichen, umgebungsbezogenen und gesetzlichen Aspekten sowie von der Produkteinführungszeit ab. Hierbei handelt es sich häufig um spezifische Kriterien für den geografischen Zielort und die gewünschte Applikation. Glasfaserbasiertes MBH mit kleinen Zellen ist, soweit möglich, in jedem Fall die bevorzugte Option. Die Technologie ist skalierbar, sicher, ausgereift und zumeist auch die kostengünstigste Lösung. Es gibt jedoch Fälle, in denen sich die Bereitstellung von Glasfaser nicht realisieren lässt.

Die maximale theoretische Downloadgeschwindigkeit von LTE-Advanced (Version 8) beträgt 300 Mbit/s. (In der Praxis werden allerdings deutlich geringere Downloadgeschwindigkeiten von etwa 40 Mbit/s erreicht, sofern der Dienst in Ihrer Region überhaupt verfügbar ist.) Da immer mehr mobile Benutzer mit immer leistungsfähigeren Smartphones auf videobasierte Inhalte zugreifen, wird auch der Bedarf an Radio Access Network(RAN)-Bandbreite unvermindert zunehmen.

In Zahlen sieht das dann wie folgt aus: Geschwindigkeitsvergleich zwischen 4G und 5G

Eine moderne Makrozelle wird heutzutage in der Regel über eine paketbasierte optische 1GbE-MBH-Netzverbindung versorgt, wobei der Datenverkehr über diese physische 1GbE-Verbindung üblicherweise zwischen 200 Mbit/s und 300 Mbit/s beträgt, sodass für 4G-Netze noch etwas Wachstumsspielraum bleibt. Die gesamte aggregierte Bandbreite, die von allen gleichzeitigen mobilen Benutzern einer typischen Makrozelle beansprucht wird, entspricht somit ungefähr der maximalen theoretischen Downloadgeschwindigkeit einer einzelnen Benutzerverbindung mit LTE-Advanced (Version 8). Hierbei handelt es sich zugegebenermaßen nur um eine grobe Schätzung, aber Sie sehen, worauf ich hinaus will. Aktuelle MBH-Netze mögen heute zwar noch für 4G ausreichen, den in Aussicht gestellten Zugriffsgeschwindigkeiten von 5G werden die vorhandenen MBH-Netze allerdings nicht lange gewachsen sein.

MNOs, die 3G- und 4G-Zellen (sowohl kleine Zellen als auch Makrozellen) über Glasfaser anbinden, schaffen damit auch die Grundlage für 5G mit maximalen theoretischen Downloadgeschwindigkeiten zwischen 1 Gbit/s (hohe Mobilität – beispielsweise für Pendler in Hochgeschwindigkeitszügen) und 10 Gbit/s (geringe Mobilität – beispielsweise stationäre Benutzer oder Fußgänger). Selbst wenn die maximale theoretische Downloadgeschwindigkeit von 10 Gbit/s um 90 Prozent auf 1 Gbit/s herunterskaliert wird, beansprucht ein 5G-Benutzer mit hohem Bandbreitenbedarf (zum Beispiel ich) die gesamte 1GbE-MBH-Verbindung zu einer typischen aktuellen Makrozelle, die eigentlich dafür ausgelegt ist, sämtliche gleichzeitige 4G-Benutzer zu versorgen.

Wenn für diese Basisstationen in den nächsten Jahren ein Upgrade auf 5G vorgesehen ist, müssen jetzt Glasfaserleitungen zu kleinen Zellen und Makrozellen verlegt werden, wann und wo immer dies möglich ist. Kupfer- und funkbasierte MBH-Optionen lassen sich einfach nicht für den Backhaul-Datenverkehr skalieren, der durch ein 5G-RAN entsteht. Glücklicherweise ist 5G als Overlay-Netz für bereits vorhandene 3G-/4G-Mobilfunknetze konzipiert. Das bedeutet, dass bei bereits vorhandenen Zellen, für die kein 5G-Upgrade geplant ist, weiterhin funk- und kupferbasierte Backhaul-Optionen verwendet werden können.

Am meisten Bandbreite wird bei mobilen Funknetzen durch videobasierte Inhalte beansprucht, die von einem entfernten Rechenzentrum am anderen Ende der Stadt, des Landes oder der Welt stammen. Mobile Geräte erfreuen sich immer größerer Beliebtheit und manche Benutzer sind regelrecht süchtig nach ihnen. So ist es wenig verwunderlich, dass mobile Geräte nicht selten als Plattform für den Zugriff auf Onlineinhalte bevorzugt werden und Kabel- und xDSL-Modems eine eher untergeordnete Rolle spielen. Wenn 5G in den nächsten Jahren offensiv eingeführt wird und in der Praxis deutlich höhere Geschwindigkeiten ermöglichen soll als die heutigen 3G-/4G-Netze (ganz gleich, wie hoch die Geschwindigkeit von 5G letztendlich ausfällt), müssen alle Komponenten des mit dem RAN verbundenen Kabelnetzes mit der Flut an Inhalten fertig werden, die von Rechenzentren geliefert und empfangen wird. Glasfaser ist das einzige Transportmedium, das zur Bewältigung dieser Anforderungen geeignet ist, und muss daher überall verfügbar sein – insbesondere im RAN für die zahllosen kleinen Zellen und Makrozellen auf der ganzen Welt.

5G für feste Breitbandnetze

Ein weiteres Problem ist die von einigen Carriern erwogene Verwendung von festem 5G-Zugriff als Breitbandersatz. Nach der Installation der 5G-Funkeinheiten in einem Haushalt oder Unternehmen entfällt zwar der mobile Teil, es entstehen aber immer noch erhebliche Auswirkungen auf das RAN sowie auf sämtliche Komponenten des Netzes zwischen Basisstationen und Rechenzentren. Die Implementierung des festen 5G-Breitbandzugriffs dürfte schneller und einfacher zu bewerkstelligen sein als die Verlegung von Kabeln. Das bedeutet, dass der Bandbreitenbedarf schneller zunimmt und somit sämtliche Komponenten des globalen Netzes noch stärker unter Druck geraten. Bei festem 5G-Zugriff müssen zwar weniger Glasfaserleitungen an den Standort verlegt werden, dafür nimmt jedoch der Bandbreitenbedarf schneller zu, was mehr Glasfaser für RAN bedeutet.

Im Grunde basieren heutzutage alle Metro-, Regional-, Langstrecken- und submarinen Netze auf Glasfaser. Dank neuester optischer Übertragungstechnologien sind diese Netze also bereits für das starke DCI-Wachstum gewappnet. Das Zugriffsnetz (zu dem auch das RAN gehört) ist der Teil der globalen Netzinfrastruktur, der immer noch zu einem großen Teil auf Kupfer- und Funktechnologien (Mikrowellen/Millimeterwellen) basiert, und das wird bei 5G-Implementierungen aufgrund der in Aussicht gestellten Geschwindigkeiten ein Problem. Gebiete, die mit 5G versorgt werden sollen, benötigen zahlreiche Glasfaserleitungen, damit alles reibungslos funktioniert. Das betrifft nicht nur die Kapazität, sondern auch die anderen, doch recht beachtlichen 5G-Leistungsziele in den Bereichen Netzdiversität, Verfügbarkeit und Abdeckung, da alle drei Ziele eine Erhöhung der Anzahl von miteinander verbundenen Glasfaserpfaden erfordern. Es entbehrt nicht einer gewissen Ironie, dass die geplanten Leistungsziele des 5G-Funknetzes von der Verfügbarkeit des Glasfaser-Festnetzes abhängig sind.

Genau genommen sind unsere Smartphones nur deshalb nicht direkt mit dem Glasfasernetz verbunden, weil wir dadurch weniger mobil wären.

1:  Understanding 5G - Perspectives on Future Technological Advancements in Mobile, December 2014 (GSMA Intelligence)